Herausforderung Versorgungsmangel: Empfehlungen zu Kinderarzneimitteln

Arzneimittel

FAQ

Ist die Erreichung meiner Wirtschaftlichkeitsziele durch Lieferengpässe gefährdet?

Die KVN ist  auf regionaler Ebene insbesondere im Zusammenhang mit der Umsetzung von Wirtschaftlichkeitszielen mit den Kassen im Dialog. Wir werden umgehend darüber informieren, sobald bundesweite oder regionale Regelungen getroffen werden, die im Zusammenhang mit Lieferengpässen und Wirtschaftlichkeitszielen stehen.

Muss ich Lieferengpässe in meiner Praxis dokumentieren?

Nein. Für eine regelhafte Dokumentation von Rückmeldungen aus  Apotheken fehlen standardisierte Vorgaben und technische Voraussetzungen.

Im Einzelfall kann es jedoch - insbesondere bei hochpreisigen Arzneimitteln - sinnvoll sein, eine Therapieentscheidung für ein Präparat zu dokumentieren, wenn ein Lieferengpass ursächlich ist. Wir empfehlen, hierfür jeweils die oben genannten Listen der aktuellen Lieferengpässe von BfArM bzw PEI zu überprüfen. Bei dort gelisteten Lieferengpässen sehen wir gute Argumentationsmöglichkeiten im Falle einer Wirtschaftlichkeitsprüfung.

Meine Apotheke bittet um die Ausstellung neuer Verordnungen, weil das verordnete Präparat nicht lieferbar ist, soll ich darauf eingehen?

In vielen Fällen ist keine Neuverordnung nötig und wir raten von einer solchen in diesen Fällen ab, da mögliche Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeitsprüfung derzeit noch ungeklärt sind.

 

Abweichungen von Wirkstärke, Packungsgröße und Packungsanzahl sind der Apotheke ohne ärztliche Rücksprache möglich, solange nicht mehr als die verordnete Menge an Wirkstoff abgegeben wird und ein wirkstoffgleiches Präparat gewählt wird.

 

Bestehen allerdings Bedenken hinsichtlich patientenseitiger Handhabungsschwierigkeiten, z.B.  wegen eines durch den Austausch vorübergehend  abgeänderten Dosierregimes, kann es in Einzelfällen sinnvoll sein, in Absprache zwischen Arzt und Apotheke eine praktikable Lösung zu finden, die möglicherweise eine Neuverordnung einschließt. Eine Verpflichtung dazu besteht für die Praxen jedoch nicht.

 

Neuverordnungen sind dann erforderlich, wenn aufgrund eines Lieferengpasses ein Wechsel auf einen anderen Wirkstoff nötig wird oder es sich um Arzneimittel handelt, die zwingend namentlich zu verordnen sind:

  • Präparate der Substitutionsausschussliste
  • Therapieallergene
  • Zahlreiche biologische bzw.  biosimilare Arzneimittel
Meine Apotheke bittet explizit um die Verordnung von Rezepturen, wie soll ich mich verhalten?

Verordnungen mit Arzneimitteln der Dringlichkeitsliste Kinderarzneimittel gelten nur dann als wirtschaftlich, wenn der Austausch in der Apotheke auf Basis der ursprünglichen Verordnung erfolgt, der Arzt also keine auf eine Rezeptur lautende Verordnung neu ausstellt oder die ursprüngliche abwandelt. Zum Zeitpunkt der Verordnung muss das Arzneimittel auf der Dringlichkeitsliste aufgeführt sein.

Sofern eine Rücksprache mit der Apotheke erfolgt, die Hinweis darauf gibt, dass gegen eine Rezeptur ausgetauscht worden ist, sollte dies in der Patientenakte dokumentiert werden. Eine Pflicht  zur aktiven Nachfrage besteht nicht.

 

 

Patienten berichten davon, dass sie in der Apotheke  nur kleine Packungsgrößen erhalten, obwohl wir N3 verordnet haben!

Die Apotheke kann grundsätzlich bis zur verordneten Wirkstoffmenge mit Packungen kleinerer Stückzahl „stückeln“, wenn vorübergehend nur Packungen mit kleiner Stückzahl (N1, N2) eines Präparates im Handel erhältlich sind.

Patienten erhalten dann beispielsweise 3 mal 30 St N1 anstelle einer Packung mit 100 St N3.

Wegen ggf. strenger Kontingentierung können möglicherweise auch nur einzelne Kleinpackungen am Markt verfügbar sein.  In diesen Fällen kann nur eine N1 abgegeben und abgerechnet werden. 

Vom Ausstellen einer neuen Verordnung auf Wunsch der Apotheke mit mehreren Packungen kleinerer Stückzahl raten wir in diesen Fällen ab, der Austausch muss unter entsprechender Dokumentation durch die Apotheke erfolgen.

Die ggf. wirtschaftliche Verordnungsweise ist nur über das ursprüngliche Rezept zu erkennen.

Wie ist ein Einzelimport nach § 73 AMG  bei Lieferengpass zu verordnen?

Im Fall „Kompensation von temporärer Nichtverfügbarkeit“ wird trotz des Importcharakters regulär das deutsche Fertigarzneimittel auf Kassenrezept verordnet, alternativ der Wirkstoff unter Angabe von Art, Menge, Dosierung und Dauer.

 

Es wird nicht das ausländische Präparat benannt! Die Apotheke veranlasst ggf. den Austausch gegen ein Präparat, das sie über einen Einzelimport nach § 73 AMG bezieht.

Die Apotheke muss zuvor die Nichtverfügbarkeit feststellen und dokumentieren.

 

Beachten Sie dazu auch unser Info-Schreiben aus dem Bereich Verordnungen.


Dringlichkeitsliste Kinderarzneimittel – mehr Flexibilität für Antibiotika und Schmerzmittel​

Seit dem 16. Dezember 2023 können Apotheken beim Austausch von Kinderarzneimitteln zur Kompensation einer Nichtverfügbarkeit ggf.  auch von der Darreichungsform abweichen oder eine Rezeptur anfertigen, ohne dass ein neues Rezept erforderlich wäre. Das BfArM hat für die Wintersaison 2023 / 2024 eine sog. Dringlichkeitsliste Kinderarzneimittel veröffentlicht. Auf dieser Liste sind Fertigarzneimittel benannt, welche im Fall steigender Infektionszahlen von einer erhöhten Nachfrage betroffen sein könnten.

Apotheken können ohne ärztliche Rücksprache und ohne neues Rezept auf Grundlage der ursprünglichen Verordnung austauschen und erhalten so mehr Flexibilität, um die Arzneimittelversorgung von Kindern sicherzustellen. Der Austausch auf Basis der Liste kann gegen ein wirkstoffgleiches Fertig- oder Rezepturarzneimittel erfolgen - auch in einer anderen Darreichungsform (z. B. Zäpfchen statt Saft).

 

Mit Regelungen im SGB V, die mit dem Inkrafttreten des Pflegestudiumstärkungsgesetzes (PflStudStG) zum 16. Dezember 2023 gelten, wird sichergestellt, dass Verordnungen von Arzneimitteln, die zum Zeitpunkt der Verordnung auf der Dringlichkeitsliste mit Kinderarzneimitteln geführt werden, nicht als unwirtschaftlich gelten. Ergänzend ist geregelt, dass auch für Apotheken keine Nachteile entstehen, wenn Arzneimittel der Dringlichkeitsliste zur Kompensation einer Nichtverfügbarkeit abweichend von der Verordnung beliefert werden, selbst wenn das abgegebene Arzneimittel unter „normalen“ Umständen ggf. als unwirtschaftlich angesehen würde.

 

Wichtig!

Die Verordnung wird nicht nachträglich durch den Arzt auf das tatsächlich abgegebene Arzneimittel umgeschrieben oder neu ausgestellt. Zur Anwendung der Regelung muss der Austausch auf Basis der ursprünglichen Verordnung erfolgen.

 

  • Diese Regelung gilt ausschließlich für Arzneimittel der Dringlichkeitsliste.
  • Der ggf. notwendige Austausch erfolgt in der Apotheke.
  • Die Apotheke kennzeichnet die Nichtverfügbarkeit auf der vom Arzt ursprünglich ausgestellten Verordnung.

 

  • Die Empfehlung der deutschen Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie (DGPI) zu Alternativen in der pädiatrischen Antibiotikatherapie finden sie hier.

 

  • Informationen und Empfehlungen des BfArM zur eingeschränkten Verfügbarkeit von Antibiotika - insbesondere für Kinder - finden sie hier

 

Der Umgang mit Lieferengpässen stellt  für alle Seiten eine besondere Herausforderung dar. Um Ihnen einen Überblick über die derzeit geltenden Empfehlungen zu geben, haben wir auf dieser Seite sowohl die relevanten Rundbriefe der letzten Monate als auch Antworten zu häufigen Fragen zusammengefasst. Bei weitergehenden Fragen wenden Sie sich bitte an Ihre KVN-Bezirksstelle.

 

 

 

Auf den folgenden Webseiten finden Sie Informationen zu Lieferengpässen bei Arzneimitteln. Dieser Bereich wird fortlaufend aktualisiert.

 

  • Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) steht hinsichtlich von Maßnahmen  zur Abmilderung von Lieferengpässen im Austausch mit Zulassungsinhabern und medizinischen Fachgesellschaften.  Hier finden Sie eine Liste mit Wirkstoffen, für die eine  Importgestattung , eine Therapieempfehlung oder Zusatzinformationen veröffentlicht wurden.

 

  • Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bietet eine Übersicht zu aktuellen Lieferengpässen für Humanarzneimittel (ohne Impfstoffe) in Deutschland an. Die Meldungen erfolgen durch die Pharmazeutischen Unternehmer und basieren auf der im Pharmadialog erklärten Selbstverpflichtung zur Meldung von Lieferengpässen für versorgungsrelevante Arzneimittel.

 

  • Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) informiert die Fachleute und die breite Öffentlichkeit darüber, welche Impfstoffe beim Hersteller nicht verfügbar sind und wie lange diese Impfstoffe potenziell nicht ausgeliefert werden können.