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Beschluss des Bewertungsausschusses: Weitere Flexibilisierung der Videosprechstunde und neuer Zuschlag
Zur weiteren Flexibilisierung der Videosprechstunde hat der Bewertungsausschuss (BA) mehrere Maßnahmen beschlossen. So entfällt rückwirkend zum 1. Januar die Obergrenze für die Leistungen. Des Weiteren wird ab dem 1. April der Anteil der Behandlungsfälle, die in einem Quartal im Videokontakt ohne persönlichen Arzt-Patienten- Kontakt stattfinden, für bekannte Patienten von 30 Prozent auf 50 Prozent angehoben. Für bekannte Patienten erhalten Ärzte und Psychotherapeuten dann einen Zuschlag zur Grund-, Versicherten- oder Konsiliarpauschale. Ab April können auch Nuklearmediziner Videosprechstunden nach dem EBM berechnen.
Der Bewertungsausschuss folgt damit einem gesetzlichen Auftrag, die Durchführung von Videosprechstunden im EBM in einem weiten Umfang zu ermöglichen und Qualitätszuschläge vorzusehen. Die Details des nun erfolgten BA-Beschlusses stellen wir Ihnen nachfolgend vor.
Der Beschluss im Detail
Streichung der Leistungsbegrenzung
Die Leistungsbegrenzung entfällt komplett, dazu wird der sechste Absatz der Nr. 4.3.1 der Allgemeinen Bestimmungen zum EBM gestrichen. Ebenfalls gestrichen wird als Folgeanpassung eine Anmerkung zur GOP 37700 mit Bezug zu dieser Begrenzungsregelung.
Inkrafttreten: Diese Regelungen treten bereits rückwirkend zum 1. Januar 2025 in Kraft.
Anpassung der Begrenzung von Behandlungsfällen
Die Begrenzungsregelung für Behandlungsfälle, die im Rahmen von Videosprechstunden ohne persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt versorgt werden, wird zum 1. April wie folgt angepasst:
Bekannte Patienten: Für Patienten, die der Praxis bekannt sind - es hat in mindestens einem der drei Vorquartale ein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt stattgefunden - wird die Begrenzung von 30 Prozent auf 50 Prozent aller Behandlungsfälle einer Praxis angehoben.
Unbekannte Patienten: Für Patienten, die der Praxis nicht bekannt sind - es hat in einem der drei Vorquartale kein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt stattgefunden oder die Person war noch nie in der Praxis, bleibt die Obergrenze zwar bei 30 Prozent, jedoch ändert sich die Anteilsberechnung. Zukünftig wird der Anteil der Behandlungsfälle mit unbekannten Patienten im Videokontakt bezogen auf die Behandlungsfälle mit unbekannten Patienten im persönlichen und Videokontakt berechnet und nicht mehr bezogen auf alle Behandlungsfälle einer Praxis.
Weitere Lockerung
Für beide Patientengruppen ändert sich eine weitere Bezugsgröße zur Begrenzung der Behandlungsfälle mit ausschließlichem Videokontakt: Ab April wird die Regelung nicht mehr personenbezogen je Vertragsarzt angewendet, sondern bezogen auf die Praxis (Betriebsstättennummer). Somit können einzelne Ärzte oder Psychotherapeuten die Obergrenze überschreiten, sofern der Anteil der entsprechenden Behandlungsfälle der Praxis noch unterhalb von 30 beziehungsweise 50 Prozent liegt.
Bei der Anwendung der Obergrenzen sind wie bisher Behandlungsfälle mit ausschließlichen Leistungen im Rahmen des organisierten Not(-fall)dienstes nicht zu berücksichtigen. Zukünftig sind darüber hinaus auch Behandlungsfälle nicht zu berücksichtigen, bei denen die Patienten gemäß 4.3.10.2 der Allgemeinen Bestimmungen als Terminservicestellen-Akutfälle (TSS-Akutfälle) vermittelt wurden.
Begriffsbestimmung:
„Ein unbekannter Patient im Sinne der Vereinbarung ist ein Patient, bei dem im Zeitraum der letzten vier Quartale unter Einschluss des aktuellen Quartals vor Durchführung der Videosprechstunde kein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt in der die Videosprechstunde durchführenden Praxis stattgefunden hat.“ (Quelle: §2 der Anlage 31c zum Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä))
Neuer Zuschlag für Videosprechstunden mit bekannten Patienten
Für die strukturierte Versorgung von bekannten Patienten per Video nach den Regelungen der Anlage 31c zum BMV-Ä wird mit Wirkung zum 1. April ein Zuschlag nach der GOP 01452 in den Abschnitt 1.4 EBM aufgenommen. Er ist mit 30 Punkten (2025: 3,72 Euro) bewertet und wird für das Vorhalten einer strukturierten Anschlussversorgung gemäß §10 der Anlage 31c zum BMV-Ä gewährt.
Die KVN wird den Zuschlag automatisch einmal je Behandlungsfall zusetzen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Fall mit einem bekannten Patienten
- mindestens ein Arzt-Patienten-Kontakt in einer Videosprechstunde
- kein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt im aktuellen Quartal
Die Vergütung des Zuschlags nach der GOP 01452 erfolgt innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen (MGV) aus Finanzmitteln, die mit dem Wegfall von Versandpauschalen aufgrund der Übermittlung elektronischer Briefe freigeworden sind. Hintergrund ist ein BA-Beschluss von Dezember 2022. Dieser sieht vor, dass diese Finanzmittel bei Einführung oder Überführung telemedizinischer Anwendungen in die MGV bis zu einem Betrag von 15,5 Millionen Euro genutzt werden können. Das Institut des Bewertungsausschusses evaluiert die Ausschöpfung dieser Finanzmittel.
Videosprechstunden auch für Nuklearmediziner
Ab 1. April können auch Nuklearmediziner Videosprechstunden durchführen und in diesem Zusammenhang den Technikzuschlag (GOP 01450) und den Authentifizierungszuschlag (GOP 01444) abrechnen.
Die nuklearmedizinische Konsiliarpauschale nach der GOP 17210 ist mit einem Abschlag von 20 Prozent berechnungsfähig, sollte im Behandlungsfall mindestens ein Kontakt im Rahmen einer Videosprechstunde erfolgt sein, jedoch kein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt. Ärzte kennzeichnen einen solchen Behandlungsfall in der Abrechnung mit der GOP 88220.
Terminvermittlung zum Facharzt nach Videokontakt
Vermitteln Haus- oder Kinder- und Jugendärzte Patienten in der Videosprechstunde einen Termin beim Facharzt, so können sie ab dem 1. April auch dann den Zuschlag für den Hausarzt-Vermittlungsfall (GOP 03008/04008) abrechnen. Dies wird durch Aufnahme entsprechender Anmerkungen zu beiden GOP klargestellt.
Anpassung des Technikzuschlags Videosprechstunde
Eine Änderung gibt es beim Technikzuschlag. Der Höchstwert, bis zu dem die GOP 01450 abgerechnet werden kann, wird abgesenkt. Der Grund: Nach aktueller Marktrecherche stehen den Vertragsärzten und -psychotherapeuten mehrere Videodienstanbieter zur Verfügung, deren Angebotspreise unterhalb des Niveaus liegen, das bei Ausschöpfung des bisherigen Höchstwerts bei der GOP 01450 erzielt werden kann. Deshalb wird der Höchstwert für den Zuschlag von 1.899 Punkte auf 700 Punkte je Vertragsarzt und Quartal herabgesetzt. Die Bewertung der GOP 01450 bleibt unverändert bei 40 Punkten, sodass der Höchstwert zukünftig bei 18 Videosprechstunden im Quartal erreicht wird.
Zum Hintergrund: Die GOP 01450 kann als Zuschlag zu jeder durchgeführten Videosprechstunde berechnet werden. Bis zu einem vertragsarztbezogenen Höchstwert im Quartal werden so diejenigen Kosten erstattet, die Vertragsärzten durch die Nutzung eines gemäß Anlage 31b zum BMV-Ä zertifizierten Videodienstanbieters entstehen.
Inkrafttreten: Diese Regelung tritt erst zum 1. Juli 2025 in Kraft.
Hinweis zur Veröffentlichung
Die KBV wird den Beschluss und die entscheidungserheblichen Gründe auf der Internetseite zur Verfügung stellen. Das Institut des Bewertungsausschusses veröffentlicht den Beschluss ebenfalls auf seiner Internetseite und im Deutschen Ärzteblatt.