Rundschreiben

Praxisführung

Bewertungsausschuss (BA) bzw. Erweiterter Bewertungsausschuss (EBA) fasst zum 1. Januar 2023 Beschlüsse zur Terminvermittlung und zur Weiterentwicklung ambulantes Operieren

Terminvermittlung
Zur Umsetzung des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes (GKV-FinStG) wurden zwei Beschlüsse gefasst - jeweils im EBA, da im BA keine Einigung erzielt werden konnte. Knackpunkt war die Frist, in der der Hausarzt den Termin beim Facharzt oder Psychotherapeuten vermitteln muss.

 

Der erste Beschluss betrifft die Anpassungen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) zum 1. Januar 2023, insbesondere die Neubewertung des TSS-Akutfalls und des Hausarztvermittlungsfalls sowie die Abbildung der Zuschläge der Fachärzte nach Hausarztvermittlung. Der zweite Beschluss betrifft die Anpassung des Umfangs der extrabudgetären Vergütung in den TSVG-Konstellationen, unter anderem zu offenen Sprechstunde.

 

Die wichtigsten EBM-Änderungen zum 1. Januar im Überblick

 

TSS-Terminfall:
Die Zeiträume für die Berechnung der Zuschläge für Haus- und Fachärzte für die Behandlung eines Versicherten nach Terminvermittlung durch die TSS ändern sich entsprechend der gesetzlichen Vorgaben (§ 87 Abs. 2b Satz 3 Nr. 2 bis 4 und 2c Satz 3 Nr. 2 bis 4 SGB V):

  • Erhält der Patienten in den nächsten vier Tagen einen Termin, bekommt der behandelnde Arzt oder Psychotherapeut einen Zuschlag von 100 Prozent zur Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale. Findet der Termin spätestens am 14. Tag statt, beträgt der Zuschlag 80 Prozent; spätestens am 35. Tag 40
  • Der Tag nach der Terminvermittlung durch die TSS gilt jeweils als erster Zähltag.
  • Die Bewertung der Zusatzpauschale nach der Gebührenordnungsposition (GOP) 01710, die für die Durchführung von Früherkennungsuntersuchungen bei Kindern des Abschnitts 1.7.1 (ausgenommen Laborleistungen und GOP 01720) aufgrund einer Terminvermittlung berechnungsfähig ist, wird in ihrer Höhe angepasst.

TSS-Akutfall:

  • Die Höhe des Zuschlags beträgt 200 Prozent und entspricht damit der maximal möglichen gesetzlichen Vorgabe (§ 87 Abs. 2b Satz 3 Nr. 1 und 2c Satz 3 Nr. 1 SGB V).

Hausarztvermittlungsfall:

  • Die Bewertung der GOP 03008 und 04008, die Hausärzte und Kinder- und Jugendmediziner für die Vermittlung eines Behandlungstermins bei einem Facharzt oder Psychotherapeuten (einschließlich Kinder- und Jugendärzte mit Schwerpunkt oder Zusatzweiterbildung) abrechnen können, wird erhöht und beträgt nun 15 Euro statt bisher 10 Euro (131 statt 93 Punkte). Die 15 %-Grenze der Plausibilität der Abrechnung der 03008 / 04008 bleibt vorerst bestehen und wird ggf. später neu verhandelt.
  • Die Frist für die Vermittlung eines aus medizinischen Gründen dringend erforderlichen Behandlungstermins, die bisher im § 17a Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) geregelt war, wird nun im EBM geregelt und durch den EBA folgende zweistufige Frist beschlossen:
    • Stufe 1: Bis spätestens 4 Kalendertage nach Feststellung der Behandlungsnotwendigkeit gilt eine zeitliche Dringlichkeit und die GOP 03008/04008 ist bei Erfüllung der obligaten Leistungsinhalte (Terminvermittlung und Überweisung) berechnungsfähig.
    • Stufe 2: Liegt der vermittelte Termin für die Behandlung des Versicherten auf dem 5. bis spätestens 35. Kalendertag nach Feststellung der Behandlungsnotwendigkeit durch den Hausarzt, kann die GOP 03008 /04008 nur berechnet werden, wenn eine Terminvermittlung durch die TSS oder eine eigen- ständige Terminvereinbarung durch den Patienten (oder eine Bezugsperson) aufgrund der medizinischen Besonderheit des Einzelfalls nicht angemessen oder nicht zumutbar ist.
    • Die Berechnung der GOP 03008/04008 ab dem 24. Kalendertag nach Feststellung der Behandlungsnotwendigkeit setzt die Angabe einer medizinischen Begründung in der Abrechnung voraus.
    • Der Tag nach der Feststellung der Behandlungsnotwendigkeit gilt jeweils als erster Zähltag.
  • Wie bisher gilt: Der Facharzt, bei dem der Hausarzt einen Termin vereinbart, darf nicht in derselben Berufsausübungsgemeinschaft oder demselben MVZ tätig sein wie der Hausarzt.
  • Der Facharzt oder Psychotherapeut, der den Termin bereitstellt, erhält alle Untersuchungen und Behandlungen in dem Quartal bei einem Versicherten (Arztgruppenfall) in voller Höhe vergütet. Zusätzlich wird wie beim TSS-Fall ein Zuschlag in Höhe von 100, 80 oder 40 Prozent gezahlt. Die bisherigen arztgruppenspezifischen Zuschläge in den Kapiteln 4 bis 27 (mit Ausnahme von Kapitel 12 und 19) und in den Abschnitten 1.3 und 30.7 werden jeweils um den Verweis auf die neue Allgemeine Bestimmung 4.3.10.3 ergänzt und somit für an der fachärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsärzte für die Behandlung eines Versicherten aufgrund einer Terminvermittlung durch den Hausarzt berechnungsfähig.
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Beschluss zur extrabudgetären Vergütung
Der Beschluss zur extrabudgetären Vergütung regelt die ab dem 1. Januar 2023 geltenden Konkretisierungen neu. Dort ist die Erweiterung der extrabudgetären Vergütung von Untersuchungen und Behandlungen eines Facharztes oder Psychotherapeuten in Terminen, die von einem Hausarzt vermittelt wurden, entsprechend der im EBA gefundenen Regelung zum Hausarztvermittlungs-Fall formuliert. Des Weiteren wird die Definition der umfassten Leistungen, die Konkretisierung zur Vermittlung durch die TSS und die Begrenzung der extrabudgetär zu vergütenden offenen Sprechstunden inhaltlich unverändert weitergeführt. Hingegen laufen die Regelungen zur TSVG-Konstellation Neupatienten gemäß § 87a Abs. 3 Satz 5 Nr. 5 SGB V zum 31. Dezember 2022 aus.

 

Abrechnung ab 1. Januar 2023
Zur Abrechnung der Zuschläge gibt es für jede Arztgruppe nur eine Gebührenordnungsposition (GOP) - egal, ob der Termin durch eine TSS oder einen Hausarzt vermittelt wurde. Die GOP wird wie bisher mit dem Buchstaben A, B, C oder D gekennzeichnet, je nachdem, welcher Zuschlag gewährt wird. Zusätzlich wird der Abrechnungsschein unter „Vermittlungsart“ als „TSS-Terminfall“, „TSS-Akutfall" oder „HA-Vermittlungsfall“ gekennzeichnet.

 

Hausärzte, die einen Termin beim Facharzt oder Psychotherapeuten vermittelt haben, rechnen den 15-Euro-Zuschlag wie bisher mit der GOP 03008 / 04008 ab. Zusätzlich geben sie die Betriebsstättennummer der Praxis an, bei der sie den Termin vereinbart haben.

 

Informationsangebot
Weitere Details, unter anderem auch Fallbeispiele zur Abrechnung, werden  kurzfristig auf der Internetseite der KBV unter www.kbv.de/html/terminvermittlung.php zur Verfügung gestellt.

 

Beschluss zur Weiterentwicklung des ambulanten Operierens
Zur Förderung des ambulanten Operierens haben KBV und GKV-Spitzenverband im Bewertungsausschuss ein erstes Maßnahmenpaket beschlossen. Es beinhaltet neben einer höheren Vergütung für ausgewählte Operationen auch eine Reihe von stationären Eingriffen, die Vertragsärzte ab Januar ambulant durchführen können. Eine erste Möglichkeit zur verlängerten Nachbeobachtung ist ebenfalls vorgesehen. Außerdem wurde die Kalkulation sämtlicher ambulanter und belegärztlicher Leistungen im EBM überprüft und die Bewertung angepasst.

 

EBM-Weiterentwicklung: Ambulante und belegärztliche Leistungen neu bewertet
Der Bewertungsausschuss hat alle Leistungen des ambulanten und belegärztlichen Operierens neu kalkuliert und zum 1. Januar angepasst. Sie betrifft die EBM-Abschnitte 31.2 und 36.2 sowie die GOP 01854, 01855, 01904 bis 01906 für Sterilisationen und Schwangerschaftsabbrüche.

 

Die Anpassung der Bewertungen erfolgt - wie bei der Beschlussfassung der EBM-Reform vor zehn Jahren festgelegt - punktsummen- und ausgabenneutral. Infolge der neuen Kostenkalkulation werden insbesondere Eingriffe der oberen Kategorien besser vergütet. Kleinere Operationen werden wegen der Punktsummenneutralität leicht abgewertet. Die Auf- und Abwertung von Leistungen betrifft alle operativen Fächer.

 

Weitere Fördermaßnahmen
KBV und GKV-Spitzenverband haben sich auf weitere Maßnahmen zur Förderung des ambulanten Operierens geeinigt, die teilweise schon 2023 umgesetzt werden sollen:

  • Kostenausgleich für hohen Hygieneaufwand
  • Neukalkulation von Leistungen ambulanter Operationszentren

60 Millionen Euro: Bessere Vergütung von Arthroskopien und Hernien-Eingriffen
Der Bewertungsausschuss hat OPS-Kodes benannt, die über einen Zuschlag eine erhöhte Vergütung erhalten. Die Krankenkassen stellen dazu im kommenden Jahr 60 Millionen Euro zusätzlich bereit. Mittels dieser Regelung setzt der BA einen Anreiz zur Förderung der notwendigen und gesetzlich geforderten Ambulantisierung im Bereich ambulant erbringbarer operativer Eingriffe. Es werden Zuschläge zu rund 500 OPS-Kodes im EBM-Anhang 2 finanziert, sodass die Vergütung der geförderten Operationen zwischen 16 Prozent für kleinere und 42 Prozent für aufwändigere Eingriffe steigt. Die Höhe richtet sich somit nach dem operierten Organsystem sowie Art und Schwere des Eingriffs.

Zur Abrechnung der Zuschläge wird ein neuer Unterabschnitt 31.2.20 mit sieben GOP in den EBM aufgenommen:

  • Zuschlag I: GOP 31451 (223 Punkte)
  • Zuschlag II: GOP 31452 (263 Punkte)
  • Zuschlag III: GOP 31453 (360 Punkte)
  • Zuschlag IV: GOP 31454 (810 Punkte)
  • Zuschlag V: GOP 31455 (961 Punkte)
  • Zuschlag VI: GOP 31456 (1.323 Punkte)
  • Zuschlag VII: GOP 31457 (1.923 Punkte)

Im Anhang 2 werden die entsprechenden Zuschläge zu den jeweiligen OPS-Kodes in einer gesonderten Spalte ausgewiesen.

 

Längere postoperative Nachbeobachtung
Eine weitere Maßnahme betrifft die postoperative Nachbetreuung, die nach und nach erweitert werden soll. Es wurde in einem ersten Schritt vereinbart, dass ab Januar für bestimmte Patienten oder ab der OP-Dauer gemäß Zeitkategorie 5 bei Eingriffen nach EBM-Kapitel 31.2 (Ausnahme: bestimmte Augenoperationen) eine längere Nachbeobachtung von bis zu 16 Stunden möglich ist.

 

Hierzu wird der neue Abschnitt 31.3.3. mit der GOP 31530 in den EBM aufgenommen. Die GOP 31530 ist als Zeitzuschlag für ausgewählte Patientengruppen und für geeignete Operationen je 30 Minuten in Verlängerung einer postoperativen Überwachung berechnungsfähig. Sie wird extrabudgetär vergütet und ist mit 77 Punkten je halbe Stunde bewertet; ab der fünften halben Stunde mit 68 Punkten.

 

Die Dauer der postoperativen Überwachung richtet sich nach dem Aufwand der Operation. Aktuell sind je nach Kategorie 30 Minuten bis acht Stunden im EBM vorgesehen (GOP 31501 bis 31507). Künftig ist für bestimmte Patienten oder Operationen ab der Zeitkategorie 5 eine doppelt so lange Nachbeobachtung möglich, zum Beispiel eine Stunde statt 30 Minuten, sechs Stunden statt drei Stunden. Voraussetzung für eine Verlängerung ist jeweils, dass die postoperative Überwachungszeit überschritten wird. Die entsprechenden Zeiten werden im EBM-Abschnitt 31.3.2 ausgewiesen.

 

Patientengruppe
Die Verlängerung der postoperativen Überwachung durch eine niedrigschwellige Beobachtung ist zunächst nur bei Kindern bis 12 Jahren und Menschen ab 70 mit geriatrischen Versorgungsbedarf und Frailty-Syndrom oder Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen wie Demenz oder Parkinson möglich. Bei den Ein- griffen ab einer eineinhalbstündigen Operationszeit (Zeitkategorie 5) kann die verlängerte Nachbeobachtung unabhängig von den Kriterien mit medizinischer Begründung erfolgen. Voraussetzung für eine Verlängerung ist jeweils, dass die postoperative Überwachungszeit von 0,5 bis 8 Stunden (postoperative Überwachungskomplexe in Abschnitt 31.3.2 EBM) überschritten wird. Eine Ausweitung auf weitere Personen ist geplant. Ebenso soll eine noch umfassendere postoperative Nachbetreuung ermöglicht werden.

 

Größeres Leistungsspektrum: Neue Kodes im Anhang 2
Das Spektrum an Operationen, die Vertragsärzte durchführen können, wird vergrößert: 196 OPS-Verfahren werden zum 1. Januar neu in den Anhang 2 aufgenommen - allesamt Eingriffe, die bis- lang ausschließlich stationär möglich sind. Hierbei handelt es sich insbesondere um ergänzende Eingriffe in den Bereichen der Operationen am Nervensystem, an den Augen, am Herzen, am Verdauungstrakt, an den weiblichen Geschlechtsorganen, an anderen Knochen sowie arthroskopischen Gelenkoperationen und Operationen an der Hand.

 

Zudem wurde im Zusammenhang mit der Aufnahme von proktologischen Eingriffen gemäß OPS-Kode 5-490.1 eine zusätzliche Bestimmung in die Präambeln der Kapitel 31.2.6 und 36.2.6 zur Begründung der Berechnungsfähigkeit aufgenommen.

 

Das Institut des BA veröffentlicht die kompletten Beschlüsse auf seiner Internetseite (http://institut-ba.de/ba/beschluesse.html) und im Deutschen Ärzteblatt.