Pressemitteilung

Versorgung für Patientinnen und Patienten in Niedersachsen schneller, flexibler und effizienter

Versorgung für Patientinnen und Patienten in Niedersachsen schneller, flexibler und effizienter

Reform des ärztlichen Bereitschaftsdienstes in Niedersachsen

 

Erste Bilanz: Telemedizin ermöglicht schnellen Erstkontakt/Hausbesuche des Fahrdienstes rückläufig

 

Am 1. Juli 2025 ist in Niedersachsen eine grundlegende Neuausrichtung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes flächendeckend in Kraft getreten. Mit der Reform unter dem Namen KVN.akut hat die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) mit ihren Partnern die Weichen für eine moderne und landesweit einheitliche Struktur in der ambulanten Akutversorgung außerhalb der Praxiszeiten gestellt – also in den Abendstunden, an Wochenenden und Feiertagen. Heute hat die KVN in Hannover eine erste Bilanz gezogen.

 

Warum war eine Reform notwendig

Thorsten Schmidt, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KVN: „Die Sicherstellung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes außerhalb der Praxisöffnungszeiten wurde zunehmend herausfordernder - insbesondere durch die immer stärker steigende Arbeitsverdichtung und Arbeitsbelastung in den Praxen, die heterogene Struktur und den immer stärker spürbaren Ärztinnen-​ und Ärztemangel. Mit der Reform haben wir auf diese Entwicklung reagiert und seit Juli klare, technologiegestützte Versorgungsprozesse geschaffen, die Patientinnen und Patienten gezielter und effizienter als bisher versorgen und die niedergelassene Ärzteschaft spürbar entlasten. Sie werden nicht mehr zur Teilnahme am fahrenden Bereitschaftsdienst verpflichtet. Ein gutes Argument auch zur Ansiedlung des dringend benötigten ärztlichen Nachwuchses.“

 

Ziel dieser Reform sei es, die medizinische Versorgung für die rund acht Millionen Menschen in Niedersachsen schneller, flexibler und effizienter zu machen und gleichzeitig die Arbeitsbelastung für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte deutlich zu reduzieren. „Dies scheint uns zu gelingen“, so Schmidt.

 

Was hat sich konkret verändert: Telemedizin als neue zentrale Versorgungsebene

Alle Patientinnen und Patienten, die die ärztliche Bereitschaftsdienst-​Telefonnummer 116117 anrufen, werden zunächst wie bisher einer strukturierten medizinischen Ersteinschätzung (SmED) unterzogen. SmED ermöglicht eine fundierte Empfehlung zur Behandlungsdringlichkeit und zur geeigneten Versorgungsebene. Dann kommt die Telemedizin ins Spiel und das ist neu.

 

Patientinnen und Patienten, bei denen eine zeitnahe Behandlung notwendig ist und keine Weiterleitung in eine KVN-Bereitschaftsdienstpraxis möglich erscheint, werden jetzt obligatorisch telemedizinisch durch eine Ärztin oder Arzt betreut. Dies geschieht telefonisch oder per Videostream innerhalb von maximal 30 Minuten nach dem Anruf bei der 116117. Die Teleärztinnen und -​ärzte können auch ein elektronisches Rezept und eine elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen. Im neuen System ist die Telemedizin die neue zentrale Versorgungsebene.

 

Überwiegend niedersächsische Kassenärztinnen und -​ärzte übernehmen die telemedizinische Beratung direkt zu den Bereitschaftsdienstzeiten. Damit gewährleistet die KVN in Zusammenarbeit mit der TeleClinic, dass jede Patientin und jeder Patient im Bereitschaftsdienst schnell einen Erstkontakt zu einer Ärztin oder einem Arzt erhalten - sehr viel schneller als bisher. So werden Mehrfachanrufe bei der 116117 und insbesondere das Ausweichen auf die 112 - den Rettungsdienst - verhindert. Sollte ein Hausbesuch durch den Fahrdienst notwendig sein, wird die Teleärztin oder der Telearzt an den medizinischen Fahrdienst übergeben.

 

Julian Simon, Geschäftsführer der TeleClinic GmbH: „KVN.akut zeigt, wie digitale und telemedizinische Angebote sinnvoll in bestehende Versorgungsstrukturen integriert werden können. Die bisherigen Erfahrungen und Rückmeldungen sind durchweg positiv - von Patient*innen ebenso wie von Ärzt*innen. Wir sehen, dass das Projekt funktioniert und die telemedizinische Erstversorgung schnelle Hilfe ermöglicht. Besonders wichtig ist uns, dass jede Ärztin und jeder Arzt in Niedersachsen die Möglichkeit hat, freiwillig und flexibel telemedizinisch zu behandeln und so die Zukunft der ambulanten Akutversorgung mitzugestalten.“

 

Neuer Fahrdienst unter ärztlicher Leitung

Uwe Beyes, Mitglied im Landesvorstand Niedersachsen/Bremen der Johanniter-Unfall-Hilfe e. V.: „Der medizinische Fahrdienst bleibt erhalten. Er wird aber gezielter und ausschließlich auf ärztliche Anordnung durch die Teleärztin oder den Telearzt ausgelöst. Die Johanniter-​Unfall-Hilfe e. V. übernimmt in allen Regionen Niedersachsens die Bereitstellung von qualifiziertem Personal - ärztlich und nichtärztlich, stets begleitet von Fahrerinnen und Fahren.  Niedersachsen wurde in acht neue Bereitschaftsdienstsektoren aufgeteilt - orientiert an der Krankenhausplanung. Von insgesamt 15 regionalen Dienststellen aus rückt der Fahrdienst der Johanniter dann zu den Hausbesuchen aus. Durch die Öffnung des Fahrdienstes für speziell geschultes nicht-ärztliches Personal reduzieren wir dabei auch den Druck auf die Ärztinnen und Ärzte. So ist gewährleistet, dass sie sich ausschließlich auf die komplexen Fälle im Fahrdienst konzentrieren können.“

 

Beide Partner nach Ausschreibungen gefunden

Für die Umsetzung des telemedizinischen Dienstes im Bereitschaftsdienst setzt die KVN auf die Expertise der TeleClinic GmbH. Diese Partnerschaft ermöglicht es, sowohl die technische Plattform bereitzustellen als auch eine schnelle und qualitativ hochwertige erste Konsultation zu gewährleisten.

 

Die Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. hat nach der Ausschreibung den Zuschlag für den fahrenden Bereitschaftsdienst erhalten.

 

Fazit nach den ersten Monaten

„Aus Sicht der KVN läuft der Bereitschaftsdienst nach der Umstellung bisher sehr gut. Seit Beginn der Testphase im Juni 2025 sind insgesamt 38.201 Anrufe bei KVN.akut eingegangen. Bei den Planungen hatten wir kalkuliert, dass wir von allen Anrufern 50 Prozent telemedizinisch abschließend versorgen können. Tatsächlich sind wir - Stand heute - bei 80,2 Prozent oder 30.628 Fällen, die ohne Fahrdienstalarmierung abgeschlossen wurden. Im Schwerpunkt geht es bei der Telemedizin um ärztliche Beratung. In 3.918 Fällen wurde zusätzlich ein eRezept ausgestellt und in 388 Fällen eine eKrankschreibung. 26 niedersächsische Ärztinnen und Ärzte sind im Tagesdurchschnitt auf der telemedizinischen Plattform aktiv. 5,4 Minuten beträgt die mittlere Wartezeit eines Patienten auf den Kontakt zum Telemediziner“, so Schmidt.

 

In 19,8 Prozent der Fälle (7.573 Fälle) kam der Fahrdienst der Johanniter zum Einsatz. Die Johanniter schicken einen Arzt oder eine Gesundheitsfachkraft mit einem Fahrer zum Hausbesuch. Seit dem Start waren 7.573 Hausbeuche erforderlich. In 75 Prozent der Fälle hat das ärztliche Personal den Hausbesuch (5.680 Fälle) durchgeführt - in 25 Prozent (1.893 Fälle) die Gesundheitsfachkräfte der Johanniter.

 

Während einer Schicht sind 24 Gesundheitsfachkräfte und zwölf Ärztinnen und Ärzte der Johanniter in acht Bereitschaftsdienstbereichen in Niedersachsen im Einsatz. Vor der Reform waren es 86 Ärztinnen und Ärzte in 75 Bereitschaftsdienstbereichen.

 

„Die Patientenzufriedenheit - die wir abfragen - liegt durchschnittlich bei über vier von fünf Punkten. Also auch die Patientinnen und Patienten zeigen eine hohe Zufriedenheit“, so Schmidts Resümee.

 

Weitere Kontakte:

 

Johanniter                  

Ansprechpartner: Nicola Koch

Telefon: 0511 48990-782

E-Mail: nicola.koch@johanniter.de 

 

Teleclinic

Ansprechpartner: Pauline Stahl

Telefon: 017 685967703

E-Mail: pauline@get-presse.de

 

Bildunterschrift: (v.l.n.r.) Uwe Beyes, Dr. Claudia Höfer, Thorsten Schmidt, Julian Simon