Herausforderung Versorgungsmangel: Empfehlungen zu antibiotikahaltigen Säften

Arzneimittel

Herausforderung Versorgungsmangel: Empfehlungen zu antibiotikahaltigen Säften

Bei Nichtverfügbarkeit eines in Deutschland zugelassenen Fertigarzneimittels ist durch die Apotheke zur Kompensation zunächst die Möglichkeit eines alternativen Wirkstoffs und eines Imports zu prüfen. Auf Grundlage der Allgemeinverfügung der Apothekerkammer Niedersachsen vom 4. Mai 2023 ist vorübergehend mehrheitlich von einer Kompensation durch Importe auszugehen. Die Herstellung von Rezepturen wäre nachrangig einzuordnen.

 

Rezepturen: Aus pharmazeutischer Sicht ist die Herstellung von Antibiotikasäften mit einer Suspensionsgrundlage und Wirkstoff (ggf. auch aus festen Darreichungsformen) grundsätzlich möglich, wobei diese Maßnahme bisher Einzelfälle betrifft und auch die Verfügbarkeit einiger Ausgangssubstanzen nicht überall gegeben ist.

 

Hinweis: Die Abrechnung dieser Antibiotikarezepturen ist uneinheitlich geregelt und erfordert bei einigen Kassen eine ausdrückliche Rezepturverordnung. Die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit   ist teilweise unklar. Wir empfehlen daher bei Verordnung einer Antibiotikahaltigen Saftrezeptur nach Rücksprache mit der herstellenden Apotheke, einen Hinweis auf den am 25.04.2023 vom BMG erklärten Versorgungsmangel auf dem Rezept und in der Patientenakte zu dokumentieren.

 

  • Die Empfehlung der deutschen Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie (DGPI) zu Alternativen in der pädiatrischen Antibiotikatherapie finden sie hier.

 

  • Informationen und Empfehlungen des BfArM zur eingeschränkten Verfügbarkeit von Antibiotika - insbesondere für Kinder - finden sie hier

 

FAQ

Ist die Erreichung meiner Wirtschaftlichkeitsziele durch Lieferengpässe gefährdet?

Die KVN ist  auf regionaler Ebene insbesondere im Zusammenhang mit der Umsetzung von Wirtschaftlichkeitszielen mit den Kassen im Dialog. Wir werden umgehend darüber informieren, sobald bundesweite oder regionale Regelungen getroffen werden, die im Zusammenhang mit Lieferengpässen und Wirtschaftlichkeitszielen stehen.

Muss ich Lieferengpässe in meiner Praxis dokumentieren?

Nein. Für eine regelhafte Dokumentation von Rückmeldungen aus  Apotheken fehlen standardisierte Vorgaben und technische Voraussetzungen.

Im Einzelfall kann es jedoch - insbesondere bei hochpreisigen Arzneimitteln - sinnvoll sein, eine Therapieentscheidung für ein Präparat zu dokumentieren, wenn ein Lieferengpass ursächlich ist. Wir empfehlen, hierfür jeweils die oben genannten Listen der aktuellen Lieferengpässe von BfArM bzw PEI zu überprüfen. Bei dort gelisteten Lieferengpässen sehen wir gute Argumentationsmöglichkeiten im Falle einer Wirtschaftlichkeitsprüfung.

Meine Apotheke bittet um die Ausstellung neuer Verordnungen, weil das verordnete Präparat nicht lieferbar ist, soll ich darauf eingehen?

In vielen Fällen ist keine Neuverordnung nötig und wir raten von einer solchen in diesen Fällen ab, da mögliche Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeitsprüfung derzeit noch ungeklärt sind. Abweichungen von Wirkstärke, Packungsgröße und Packungsanzahl sind der Apotheke nach Auslaufen  der SARS-CoV-2-AMVersVO noch bis zum 31.Juli 2023 ohne ärztliche Rücksprache möglich, solange nicht mehr als die verordnete Menge an Wirkstoff abgegeben wird und ein wirkstoffgleiches Präparat gewählt wird. Bestehen allerdings Bedenken hinsichtlich patientenseitiger Handhabungsschwierigkeiten, z.B.  wegen eines durch den Austausch vorübergehend  abgeänderten Dosierregimes, kann es in Einzelfällen sinnvoll sein, in Absprache zwischen Arzt und Apotheke eine praktikable Lösung zu finden, die möglicherweise eine Neuverordnung einschließt. Eine Verpflichtung dazu besteht für die Praxen jedoch nicht.

Ausnahme: bei  Wirkstoffen der Substitutionsausschlussliste ist eine Neuverordnung immer erforderlich und ein Austausch durch die Apotheke ohne eine solche nicht möglich.

Meine Apotheke bittet explizit um die Verordnung von Rezepturen, wie soll ich mich verhalten?

Einige Kassen haben den Apotheken zur Auflage gemacht, Rezepturen nur dann zur Abrechnung zuzulassen, wenn eine Rezepturverordnung durch den Arzt ausgestellt ist.

Die Verordnung pädiatrischer Arzneimittel erfolgt derzeit am sichersten als Wirkstoffverordnung unter Angabe von:

  • Wirkstoff
  • Darreichungsform
  • Dosierung pro Tag
  • Packungsgröße oder Angabe der zeitlichen Reichweite z.B. „für 7 Tage“
  • auf einem separaten Rezept

 

Für Fiebersäfte ist in den meisten Fällen die Herstellung einer  Rezeptur auch ohne explizite Rezepturverordnung möglich. Der GKV-Spitzenverband empfiehlt den Kassen, Mehrkosten durch Rezepturen an Stelle von Fertigarzneimitteln zur Kompensation von Lieferengpässen als wirtschaftlich anzusehen.

 

Für Antibiotikasäfte gilt:

Aus pharmazeutischer Sicht ist die Herstellung von Antibiotikasäften  mit einer Suspensionsgrundlage und Wirkstoff (ggf. auch aus festen Darreichungsformen) grundsätzlich möglich.

Die Abrechnung solcher Antibiotikarezepturen ist allerdings  uneinheitlich geregelt und erfordert in vielen Fällen eine ausdrückliche Rezepturverordnung durch den verschreibenden Arzt. Die Frage nach der Wirtschaftlichkeit lässt sich in diesem Sachverhalt nicht einheitlich beantworten. Wir empfehlen daher hier sicherheitshalber einen Hinweis auf den am 25.04.2023 durch das BMG amtlich festgestellten Versorgungsmangel auf der Verordnung sowie in der Patientenakte zu dokumentieren.

 

Patienten berichten davon, dass sie in der Apotheke  nur kleine Packungsgrößen erhalten, obwohl wir N3 verordnet haben!

Die Apotheke hat nach Auslaufen  der SARS-CoV-2-AMVersVO noch bis zum 31.Juli 2023 die Möglichkeit, bis zur verordneten Wirkstoffmenge  zu „stückeln“, wenn nur wenige Packungen eines Präparats mit kleiner Stückzahl im Handel erhältlich sind. Patienten lehnen die kompensatorische Versorgung mit mehreren verfügbaren Kleingebinden bei Nichtverfügbarkeit der N3 jedoch häufig selbst ab, um die resultierende, mehrfach anfallende gesetzliche Zuzahlung  zu vermeiden. Vom Ausstellen einer neuen Verordnung auf Wunsch der Apotheke mit mehreren Packungen kleinerer Stückzahl raten wir in diesen Fällen ab, der Austausch muss unter entsprechender Dokumentation durch die Apotheke erfolgen.


Der Umgang mit Lieferengpässen stellt  für alle Seiten eine besondere Herausforderung dar. Um Ihnen einen Überblick über die derzeit geltenden Empfehlungen zu geben, haben wir auf dieser Seite sowohl die relevanten Rundbriefe der letzten Monate als auch Antworten zu häufigen Fragen zusammengefasst. Bei weitergehenden Fragen wenden Sie sich bitte an Ihre KVN-Bezirksstelle.

 

 

Auf den folgenden Seiten finden Sie Informationen zu Lieferengpässen bei Arzneimitteln. Dieser Bereich wird fortlaufend aktualisiert.

 

  • Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bietet eine Übersicht zu aktuellen Lieferengpässen für Humanarzneimittel (ohne Impfstoffe) in Deutschland an. Die Meldungen erfolgen durch die Pharmazeutischen Unternehmer und basieren auf der im Pharmadialog erklärten Selbstverpflichtung zur Meldung von Lieferengpässen für versorgungsrelevante Arzneimittel.
  • Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) informiert die Fachleute und die breite Öffentlichkeit darüber, welche Impfstoffe beim Hersteller nicht verfügbar sind und wie lange diese Impfstoffe potenziell nicht ausgeliefert werden können.